Pößneck – In Patrick Teichmanns Garten ist alles XXL. Seine Tomaten sind so groß wie der Kopf eines Babys, die Zucchini gleicht einem kleinen Findling und wiegt schätzungsweise 34 Kilo.

Um die Blüten der Sonnenblumen zu sehen, muss man den Kopf weit in den Nacken legen und am Bohnengerüst sind die Schoten deutlich länger als einen halben Meter. Der 25-Jährige ist auf der Jagd nach Rekorden und baut dazu 25 Sorten Riesengemüse in seinem nur knapp 200 Quadratmeter großen Schrebergarten im ostthüringischen Pößneck an.

Damit ist er nicht allein. Erst 2016 stellte der Belgier Mathias Willemijns mit seinem fast 1,2 Tonnen schweren Kürbis einen neuen Weltrekord auf. Inzwischen hegen und pflegen bundesweit inzwischen einige Hundert Gärtner solches Monstergemüse.

Einer der Höhepunkte der Szene ist jedes Jahr das
Kürbiswiegen in Ludwigsburg (Baden-Württemberg). Dort wird in diesem Jahr im Oktober wieder die deutsche und die europäische Meisterschaft ausgetragen. Für einen neuen Weltrekord zahlt der Veranstalter dabei ein Preisgeld von stolzen 10 000 Euro. Zugleich wecken solche Schauen bei Besuchern die Lust, sich selbst an Riesenfrüchten zu probieren, weiß Alisa Ühle vom Veranstalter Jucker Farm. «Das Interesse ist in den vergangenen Jahren zweifellos gewachsen.»

Der Anbau von XXL-Gemüse hat hierzulande um das Jahr 2000 herum richtig Fahrt aufgenommen, wie Udo Karkos vom Europäischen Dachverband EGVGA berichtet. In den USA werden schon länger Riesenkürbisse gezüchtet, in Großbritannien auch andere Gemüsesorten. «Das ist auf der Insel ein großer Sport.» Von dort schwappte der Trend dann auch auf das europäische Festland über.

Dabei überlassen die Gärtner nichts dem Zufall. Viele setzen auf Saatgut mit Stammbaum – für einzelne Samen werden dabei schon mal mehrere Hundert Euro gezahlt. Blüten werden von Hand bestäubt, Kürbisranken eingegraben, damit sie ordentlich Wurzeln bilden.

Teichmann erzählt, dass er Samen vor der Aussaat anfeilt und mit Hilfe von Temperaturfühlern die ideale Keimtemperatur überwacht. In den Boden arbeite er Vulkangestein für eine gute Durchlüftung ein. Und er setzt auf verschiedene Sorten Tierdung. «Ich verwende auch Pinguinkot», sagt er. Den hole er aus Tschechien. Aktuell hat der junge Mann aber ganz andere Probleme. Er muss seine Pflanzen und Früchte vor der intensiven Sonne schützen. Dazu hat er Schirme auf den Beeten aufgestellt und Tücher über Zucchini, Kürbis und Co gespannt. Der ständige Wechsel zwischen Hitze und kühlen Tagen sei ungünstig, erzählt er.

«Das Wetter ist sehr problematisch und wir haben sehr zu kämpfen», sagt auch Karkos, der in Bonn Riesengemüse anbaut. «Ich hoffe aber noch auf einen neuen deutschen Tomatenrekord.» Eine seiner Tomaten taxiert er aktuell auf etwa zwei Kilogramm. In den vergangenen Jahren wurden in etlichen Gemüseklassen neue Rekorde aufgestellt. Die längste Möhre etwa brachte es 2016 auf knapp 6,25 Meter, bei den Kürbissen wurde die Marke von einer Tonne geknackt und bei Zwiebeln liegt der Weltrekord inzwischen bei fast 8,5 Kilogramm.

Dass die Rekorde reihenweise purzelten liegt Karkos zufolge zum einen an der gewachsenen Zahl der Fans, zum anderen an immer ausgefeilteren Anbaumethoden. Auch dieses Jahr könnte der ein oder andere Rekord aufgestellt werden, prognostiziert er. So habe er davon gehört, dass in Mecklenburg-Vorpommern gigantische Kohlrabi reifen. «Und in Belgien und Großbritannien liegen monströse Kürbisse in den Beeten.»

Teichmann war mit seinem Gemüse auch schon beim Kürbiswiegen in Ludwigsburg dabei. Um weiter mitzuhalten, hat er dieser Tage alle Hände voll zu tun. «Ich brauche 400 bis 600 Liter Wasser am Tag zum Gießen», erzählt er. Sind die Regenfässer leer, nimmt er Wasser aus der Leitung. Das wird aber extra vorgewärmt, bevor es die Pflanzen bekommen. Außerdem gibt er dem Wasser Kalzium- und Magnesiumtabletten zu, um das Wachstum zu forcieren; gegen Mehltau besprenkelt er die Blätter mit Milch. «In den Urlaub fahre ich nicht mehr wegen des Gemüses», sagt der junge Mann. Dabei macht er sich auf dem Teller gar nichts aus Grünzeug aus dem Garten: «Beim Essen gilt für mich: Fleisch ist mein Gemüse.»

Fotocredits: Christoph Schmidt
(dpa)

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