In einem von vielen deutschen Gärten stand einmal ein Rhododendron. Er war sehr groß und trug viele Blüten, die das Herz der liebend pflegenden Besitzerin erfreuten.
Doch nichts hält ewig und so erkrankte der Busch eines Tages an einer mysteriösen Seuche, die zuerst seine Blüten und im weiteren Verlauf der Krankheit auch die Blätter anzugreifen begann. Das Gewächs befand sich zusätzlich im Schatten zweier großer Bäume. So stellte sich dem Verfasser dieser Zeilen vor einigen Wochen die Aufgabe, den nunmehr toten Rhododendron im Auftrag der trauernden Besitzerin aus dem Erdreich zu entfernen.

Dabei besitzt besagter Schreiber allerhöchstens einen schwach hellgrün gefärbten Daumen, und so freute ihn die Aussage „Rhododendren sind Flachwurzler – das dürfte kein Problem sein“ sehr. Den Spaten schwenkend, begab er sich zur Operationsstelle, wo das Gewächs bereits entfernt worden war und nur noch ein imposanter Strunk von ca. 30 Zentimetern Durchmesser aus dem Boden ragte. Kein Problem, denn: Rhododendren wurzeln flach. Die Wurzeln, die im Zuge der nächsten Stunde mit außerordentlicher Beharrlichkeit jedem Spatenstich trotzten, würden also bald besiegt sein. Erst mit Anbruch der zweiten Stunde kamen dem Recken gegen die Verwurzelung erste Zweifel: War das normal, dass zum Strunk Wurzeln in der Dicke eines Kinderarms hinführten? War knapp ein Meter zwanzig tief eigentlich immer noch „flach“? Mittlerweile türmten sich die Erdhaufen und der Rosenbaumstumpf hatte sich noch keinen Zentimeter bewegt.

Dafür förderte die Grabung andere interessante Dinge zutage: Ein altes Abwasserrohr, ungefähr auf achtzig Zentimetern. Ein Stromkabel, fast senkrecht dazu, unwesentlich tiefer (!), abgedeckt mit in die Erde eingegrabenen Ziegelsteinen (?!). Eine Tonscherbe aus dem alten Rom. Fünfeinhalb Regenwürmer. Und die Erkenntnis, dass in der Erdschicht eines Gartens viel leichter zu graben ist als im darunter folgenden Mix aus Ton und Sand.

Was bis heute nicht erreicht worden ist, ist die Entfernung des Strunks, aber ich arbeite dran.