Leiblfing – Wenn es draußen kälter wird, liegt vieles im Garten im Winterschlaf. Frisches Gemüse ist dann rar – so auch die Pflück- und Kopfsalate. Sie sind frostempfindlich, und das wenige Tageslicht reicht ihnen häufig nicht mehr aus, um viele kräftige Blätter zu bilden.
Das heißt aber nicht, dass Salat nun gar nicht mehr geerntet werden kann. Denn es gibt einige Arten, die an den ersten kalten Tagen in den Vordergrund rücken. Dazu gehört der Radicchio. «Wie alle Zichoriensalate stammt der Radicchio von der Wegwarte (Cichorium intybus) ab», erklärt Bärbel Steinberger, Gartenplanerin und Buchautorin aus Leiblfing bei Straubing. Ursprünglich wurde der Salat mit seinen markanten, dunkelroten Blättern in Italien kultiviert, und lange Zeit galt er als Spezialität.
«Erst seit den 70er, 80er Jahren wird Radicchio bei uns angebaut.» In Italien ist auch die Sortenvielfalt sehr groß, denn im Norden des Landes haben viele Orte einen eigenen Radicchio – was man unschwer an Namen wie ‚Castelfranco‘, ‚Treviso‘ oder ‚Chioggia‘ erkennt. Jeweils wird der Zusatz «Radicchio rosso di» vorangestellt.
«Die rote Farbe entwickeln die Salate erst zum Ende der Kulturzeit, wenn sich die Köpfe schließen», sagt Maike Wilstermann-Hildebrand, Gartenbau-Ingenieurin aus Münster. Die Farbe wird besonders intensiv, wenn im Herbst die Nächte kühler werden. Auch der Geschmack des Salates ist recht eigenwillig – Radicchio ist bitter.
«Man unterscheidet bei uns vor allem zwischen den kopf- und den rosettenbildenden Formen», erklärt Steinberger. Einer der Klassiker unter den Formen mit Kopf ist der Radicchio rosso di Chioggia. Auch ‚Indigo‘ und ‚Palla Rosa‘ bilden einen dichten, runden Kopf. «Die Sorte ‚Variegato di Castelfranco‘ dagegen entwickelt einen hellgrünen bis beigefarbenen, offenen Kopf mit rötlichen Sprenkeln in den Blättern», beschreibt Wilstermann-Hildebrand. Ähnlich entwickelt sich die Sorte ‚Galileo‘. «Längliche Köpfe sind typisch für die Sorte ‚Granato’», ergänzt die Gartenbau-Ingenieurin.
Ausgesät wird im Frühsommer, aber nicht zu früh im Jahr, rät Wilstermann-Hildebrand. Die Jungpflanzen dürfen nicht Temperaturen von unter 16 Grad ausgesetzt sein, da sie sonst aufschießen. Günstig sei die Aussaat zwischen Mitte Mai und Anfang Juli. Allerdings schränkt die Expertin ein, dass in einem Jahr, in dem es nach Winterende ungewöhnlich lange kalt ist, entsprechend später gesät werden muss – damit es den Pflanzen auch dann warm genug ist.
Steinberger empfiehlt sogar zunächst den warmen Frühbeetkasten. In einer Multitopfplatte entwickeln die Salat einen kleinen Wurzelballen, was für die Pflanzung praktisch ist. «Außerdem sind zur Aussaatzeit die Beete im Hausgarten meist noch belegt», erklärt die Gartenplanerin. Als Vorkultur empfehlen sich im Frühbeet Zuckererbsen, Frühlingssalate oder Radieschen.
Die kleinen Salate kommen in einem Reihenabstand von 30 Zentimetern und einen Pflanzabstand von etwa 20 bis 35 Zentimetern in den Boden. «Das hängt immer ein bisschen von der Sorte ab, denn die Umblätter wachsen zunächst locker und breit», erläutert Steinberger. Erst ab dem Spätsommer entwickeln sich die festen Köpfe.
Die Kulturdauer beträgt laut Wilstermann-Hildebrand acht bis zwölf Wochen. Dabei rät sie zu einem sonnigen Standort und einem Boden der nach Möglichkeit ständig feucht ist. Wie bei allen Salaten ist der Nährstoffbedarf bei Radicchio mittel bis gering. Daher eignen sich im Gemüsebeet dann als Vorkulturen Tomaten, Gurken oder Paprika. Diese Starkzehrer verbrauchen viele Nährstoffe im Boden. Grundsätzlich sollte man die Flächen für Radicchio und andere Kreuzblütler nach dem Rotationsprinzip wechseln, damit sich keine Krankheiten, die typisch für diese Gattung sind, ausbreiten können.
«Der Radicchio kann lange draußen bleiben», sagt Steinberger. Die äußeren Blätter werden zwar trocken oder sehen nicht mehr so schön aus, aber sie schützen noch den Kopf im Innern sehr gut vor Frost und Winterwitterung. Die Buchautorin hat die Erfahrung gemacht, dass Radicchio im Beet sogar besser überwintert als eingelagert im Keller – gerade in so einem milden Winter wie im vergangenen Jahr.
Info-Kasten: Geschmack an die Bitterstoffe gewöhnen
Häufig findet man die Empfehlung, die Radicchioblätter länger in Wasser zu legen, damit die Bitterkeit verschwindet. «Das ist genau falsch», findet aber die Gartenplanerin Bärbel Steinberger. Denn das lasse auch die Vorteile der Bitterstoffe für eine gesunde Ernährung verschwinden. Sie gelten als sehr verdauungsfördernd. Bei dem Stoff im Radicchio handelt es sich um Lactucopikrin, der vormals als Intybin bekannt war. Besser sei es, sich langsam an die Bitterkeit zu gewöhnen. Die Buchautorin rät auch, Radicchio nicht nur als Salat zu genießen, sondern in italienischen Gerichten wie im Risotto gekochten oder gebratenen Radicchio auszuprobieren.
Fotocredits: Franziska Gabbert,Katrin Schumann-Turowski,Monique Wüstenhagen,Katrin Schumann-Turowski,Katrin Schumann-Turowski
(dpa/tmn)