Kassel (dpa/tmn) – Wenn irgendwo Pilze schmoren, wird der Kriminalist hellhörig, soll die Krimi-Autorin Agatha Christie einst über Pilze gesagt haben. Die Vertreter aus dem Reich Fungi genießen aber nicht nur den Nimbus einer potenziellen Mordwaffe.
Ganz im Gegenteil. «Pilze sind gesünder, als die meisten denken», sagt Ulrich Groos, Pilzanbauberater beim Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen in Kassel.
«Pilze sind reich an Eiweiß, Ballaststoffen, seltenen Vitaminen und Mineralien, haben aber gleichzeitig nur wenige Kalorien», erklärt Groos. Die Gesundheitsforschung interessiere sich wegen der Heilwirkung für sie. Doch in Freizeitgärten sind sie bislang eher selten anzutreffen.
Dabei seien einige Arten kinderleicht zu Hause anzubauen, wenn man einige Grundregeln beachtet, sagt Peter Marseille, Pilzzüchter und Speisepilzbotschafter des Bundes Deutscher Champignon- und Kulturpilzanbauer. «Pilze lieben Feuchtigkeit und ein kühles, schattiges Plätzchen. Ansonsten sind sie relativ anspruchslos.»
Besonders gut eignen sich aus Sicht der Fachleute Champignons (Agaricus), Seitlinge (Pleurotus) sowie Igel-Stachelbart (Hericium erinaceus), Riesen-Träuschling (Stropharia rugosoannulata) und Rauchblättriger Schwefelkopf (Hypholoma capnoides). Sie wachsen auf Sägemehl, Stroh, Kaffeesatz, Holz oder Baumstümpfen – und das im Garten, auf dem Balkon, der Fensterbank und sogar in der Garage.
Auch wenn sich Pilze durch Sporen vermehren, empfiehlt Marseille für den Anbau eine Pilzbrut: Getreidekörner, die mit den wurzelähnlichen Myzelien der Pilze besiedelt sind. Mit dieser werden die Materialien «geimpft», indem sie etwa gewässertem Stroh beigemengt werden. Anschließend kann sich das Myzel über einen längeren Zeitraum in einem feuchten Klima entwickeln und ausbreiten.
Wer Speisepilze auf Sägemehl kultivieren will, sollte das Material nach dem ausgiebigen Wässern zunächst noch dämpfen, erklärt Marseille. «63,8 Grad Celsius ist die magische Zahl, bei der Bakterien und Sporen von unerwünschten Pilzen absterben, die sich bereits im Holz ausgebreitet haben.» Nach dem Abtropfen kommt das Sägemehl in einen Plastikbeutel, die Samenbrut hinzu und der Beutel verschlossenen an einen schattigen, windgeschützten und wohl temperierten Platz.
Sogar zu einem Hingucker kann sich eine Pilzkultur auf abgeholzten Buchen-, Eichen-, oder Birkenstämmen entwickeln, die mit Impfdübeln präpariert sind. Dazu wird das Holz angebohrt, die mit Myzel durchwachsenen Holzstecker in die Löcher eingeführt und in den ersten Monaten mit Heu oder Stroh abgedeckt. «Dadurch bleibt das Holz schön feucht und die Pilze haben gute Bedingungen zum Wachsen», so Groos.
Je nach Material braucht die Verbreitung des Myzels unterschiedlich lange. Bei einer Kultur auf Stroh und Sägespänen gehen die Fachleute von drei Monaten aus, bei einer Zucht auf Holzstämmen kann es gut ein halbes Jahr dauern. Dann können die Plastikfolien entfernt werden und der Fruchtkörper entwickelt sich. Je nach Sorte ist er bereits in drei Wochen reif und kann einfach mit der Hand abgebrochen werden.
Diese Arten der Zucht sind bei Pfifferling, Maronen oder Steinpilz erfolglos. Als symbiotisch lebende Pilze benötigen diese einen lebenden Wirt, erläutert Holger Wehner vom Arbeitskreis Pilzkunde und Ökologie im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND). Zwar könnten inzwischen die Wurzeln junger Bäume mit deren Myzelien geimpft werden. Die Fruchtkörper bilden sich in der Regel aber erst nach einigen Jahren aus, wenn überhaupt.
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(dpa)