Freiburg – «Waldtraut» ist schon 107 Jahre alt – und immer noch im Wachstum. Die Douglasie im Stadtwald von Freiburg legt pro Jahr 30 bis 33 Zentimeter zu – und ist mit 66,58 Metern offiziellen Angaben zufolge der höchste Baum Deutschlands.

Förster nutzen den Rekordbaum, um über Wald- und Forstwirtschaft zu informieren. Douglasien sind zwar heimisch geworden in Deutschland, doch sie sind Bäume mit Migrationshintergrund. Und sie wachsen höher hinaus als Tannen, Buchen oder andere Bäume.

«Uns liegen alle Bäume gleichermaßen am Herzen. Aber
Waldtraut hat es schon zu einer gewissen Bekanntheit gebracht», sagt Nicole Schmalfuß. Die 44-Jährige ist Leiterin des städtischen Forstamtes in Freiburg. Zum internationalen Tag des Baumes am 25. April rückt gerade dieser Baum in ihrem Revier in den Fokus: «Waldtraut vom Mühlenwald». Diesen Namen gaben Förster ihm. Messungen haben ergeben, dass Waldtraut deutschlandweit der höchste Baum ist.

Die Douglasie von der nordamerikanischen Westküste kam 1913 als dreijähriger Setzling in den Freiburger Stadtwald, den sogenannten Mühlenwald am Fuße des Schwarzwaldbergs Schauinsland. «Sie ist Teil einer Douglasien-Kolonie an einem idealen Standort», sagt die Försterin. Die Bäume stehen in einem feuchten Gebiet am Hang eines Berges. Heimische Baumarten entwickeln sich hier nicht so gut.

Auch die umstehenden Douglasien, alle Teil einer Versuchspflanzung von 1913, sind ähnlich gut gewachsen. Doch an die Höhe von Waldtraut kommt keine heran. Der Baumriese habe sich zu einem Wander- und Ausflugsziel entwickelt, sagt Schmalfuß.

Förster und Naturschützer nutzen das, um über das Ökosystem Wald zu informieren. Sie sprechen Schulklassen, Wanderer und Ausflügler an. «Der Aha-Effekt ist meist sehr groß», sagt die Försterin. «Nur wenige Menschen wissen, wie mächtig, komplex und zugleich sensibel das Ökosystem Wald ist.»

Mit dem Auto sei Deutschlands höchster Baum nicht zu erreichen. «Die Besucher müssen zu Fuß einige Kilometer durch den Wald gehen und erleben somit schon auf dem Weg, wie vielseitig und eindrucksvoll unsere Wälder sind.» Waldtraut, sagt Schmalfuß, locke Menschen in den Wald, die sonst nicht kommen würden.

«Dass Waldtraut heute überhaupt hier steht, ist den Freiburger Forstleuten zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu verdanken», erklärt eine Sprecherin der Forstlichen Versuchs- und Forschungsanstalt Baden-Württemberg. «Damals wurden versuchsweise Baumarten aus Nordamerika gepflanzt, um das örtliche Spektrum an Baumarten, das unter der letzten Eiszeit in Mitteleuropa gelitten hatte, zu bereichern.»

Die Douglasie von der nordamerikanischen Westküste habe sich besonders gut integriert. «Sie wächst deutlich höher und schneller als ihre heimischen Nadelbaumverwandten.»

Wo Waldtraut im europäischen Vergleich steht, ist unklar. In anderen Ländern gebe es hierfür zu wenige amtlich vermessene Bäume, heißt es bei der Forstlichen Versuchungsanstalt. Im rund 230 Kilometer von Freiburg entfernten
Eberbach bei Heidelberg sieht man selbst den deutschen Rekord skeptisch. Die beiden Orte lieferten sich jahrelang eine Debatte, wer
Deutschlands höchsten Baum hat. Messungen der Universität Karlsruhe erklärten Freiburg zum Sieger. Der Baum in Eberbach ist demnach 63,30 Meter hoch.

Fotocredits: Patrick Seeger,Patrick Seeger,Patrick Seeger
(dpa)

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