Iden (dpa) – Wolfgang Böhmer ist noch ein sehr zartes Pflänzchen. Es wird Jahrzehnte dauern, bis es seine volle Pracht entfaltet. Emil hingegen ist schon etwa 50 Zentimeter hoch. «Emil heißt mein Enkel», sagt Wolfgang Riede knapp und blickt auf seinen «Buxus Microphylla».
Gut für die Umfassung von Beeten geeignet sei der. Im roter Wetterjacke, Turnschuhen und Ledermütze stapft Riede durch die Welt der Buchsbäume. Gemeinsam mit weiteren Enthusiasten hat er sie vor zehn Jahren inmitten der Altmark entstehen lassen und hilft ihr jetzt beim Wachsen – in der Nationalen Sammlung Buchsbaum in Iden.
Ungewöhnliche Namen gehören mit zum Programm. Der damalige Ministerpräsident Wolfgang Böhmer unterstützte die Idee der Sammlung und ist bis heute Schirmherr. Ein Bäumchen heißt deshalb nach ihm.
Rund 200 verschiedene Buchsbäume stehen nun schon im ehemals verwilderten Park direkt am weitläufigen Gelände der Landesanstalt für Landwirtschaft und Gartenbau. Um die 300 Arten und Sorten sollen es werden. Von sich aus würde hier kein einziger Buchsbaum wachsen. Dazu braucht es Gärtnerwissen. Aber eine Verbindung gibt es doch: «Der Buchsbaum hat Tradition in den altmärkischen Bauerngärten», sagt Riede. Als Beetbegrenzung sei er eingesetzt worden. Ansonsten kennt man den Buchsbaum aus den großen Schlossgärten wie Hannover-Herrenhausen oder Wien-Schönbrunn.
So klein manche Buchsbäume auch sind: Ihre Vielfalt ist in Iden sichtbar. Die einen wachsen von sich aus kugelig, andere wie eine Säule in die Höhe. Es gibt Buchsbäume, die nach 50 Jahren nicht größer als 25 Zentimeter sind, andere erreichen die stattliche Höhe von acht Metern. Dazu gibt es ein Meter breite Buchsbäume. Riede zeigt voller Begeisterung einen frisch gepflanzten Strauch, der aus der Art zu schlagen scheint, aber dennoch ein Buchs ist – ein Rosmarinifolia. «Der sieht aus wie Rosmarin», sagt der 68-Jährige.
Buchsbaum-Liebhaber Riede fährt regelmäßig von seinem Zuhause im thüringischen Jena in die Altmark. Heute hat er seinen gesamten Kofferraum wieder voller Pflänzchen. «Die habe ich aus Ungarn, aus dem botanischen Garten der Universität Budapest.» Mit Erlaubnis, selbstverständlich.
Überhaupt ist Riede sehr viel unterwegs auf der Suche nach neuen Buchsbäumen. Im Gartenreich Dessau-Wörlitz sei er zuletzt fündig geworden, schwärmt er. Von weiteren Reisen mag er nicht erzählen. Aber auch der Postweg ist für den Sammler wichtig. «Es reicht ein Steckling in leicht feuchtem Haushaltspapier in einem Briefumschlag.» Riede ist gut vernetzt.
Ursprünglich hat er als Technischer Direktor im Transportwesen in Jena gearbeitet. Nach der Wende 1989 baute er einen Garten- und Landschaftsbaubetrieb auf. Irgendwann kam er auf den Buchsbaum. Und weil sich nicht sonderlich viele Menschen so intensiv damit beschäftigen, es aber den Altmärkischen Freundeskreis Buchsbaum gab, schloss sich Riede diesem an. Später entstand die
Deutsche Buchsbaumgesellschaft.
Es ist aber bei weitem nicht alles gut mit dem Buchs. Der Buchsbaum hat in den vergangenen Jahren eher für negative Schlagzeilen gesorgt. In den großen Parks, aber auch in privaten Gärten, machen ihm der gefräßige Buchsbaumzünsler zu schaffen. Aber auch ein aggressiver Pilz sorgt dafür, dass einige schon das Ende des Buchsbaums ausrufen. Im Barockgarten von Schloss Hundisburg in der Nähe von Magdeburg hat die Verwaltung im vergangenen Jahr begonnen, befallene Buchsbäume durch Liguster zu ersetzen.
Auch in der Sammlung in Iden sind einige Buchsbäume vom Pilz befallen. «Der wird nicht wieder», sagt Riede und blickt auf strohige Zweige eines runden Buchsbaumes, nur noch Teile davon sind grün. Taxierend blickt Riede in die Runde. «Der Abstand zu den anderen Pflanzen ist groß genug.» Stress sei für die Pflanzen unbedingt zu vermeiden, der mache sie anfällig für Zünsler und Pilz. Und Stress komme eben vom vielen Schneiden. Wenn Buchsbäume zu sehr und zu oft in Form gebracht würden, würden sie anfälliger. Staunässe sei natürlich zu vermeiden. Und er selbst setze auf asiatische Sorten. Die hätten das Problem deutlich weniger.
Anerkennung zollt den Buchsbaumfreunden der Leiter der benachbarten Landesanstalt für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in Iden, Gerd Heckenberger. «In der Tierhaltung sind wir ja auch interessiert am Erhalt alter Rassen, das gilt auch für den Pflanzenbau.» Dass die Buchsbaumfans rund um Riede das auf die Beine stellten, sei sehr löblich. Auch im Kampf gegen die Schädlinge könnte sich in Iden zeigen, ob einige Varietäten den Angreifern besser standhalten als andere.
Fotocredits: Jens Wolf
(dpa)